
Salomos Gebet um Weisheit
1. Könige 3,3-28
3 Salomo liebte den Herrn und lebte genau nach den Anweisungen seines Vaters David. Doch auch er opferte an solchen Orten. Er schlachtete Tiere und verbrannte Weihrauch. 4 Einmal ging er nach Gibeon und brachte tausend Brandopfer dar, denn dort befand sich damals die wichtigste Opferstätte. 5 Über Nacht blieb er in Gibeon. Da erschien ihm der Herr im Traum. »Erbitte von mir, was du willst!«, sagte Gott zu ihm.
6 Salomo antwortete: »Schon meinem Vater David hast du sehr viel Gutes getan, weil er sein Leben ohne Vorbehalte in Verantwortung vor dir geführt hat und dir von ganzem Herzen treu gewesen ist. Sogar über seinen Tod hinaus hast du ihm deine Güte erwiesen, denn du hast einem seiner Söhne den Thron gegeben. 7 Herr, mein Gott, du selbst hast mich zum Nachfolger meines Vaters David gemacht. Ich aber bin noch jung und unerfahren. Ich weiß nicht, wie ich diese große Aufgabe bewältigen soll. 8 Hier stehe ich mitten in einem Volk, das du, Herr, als dein Volk erwählt hast. Es ist so groß, dass man es weder zählen noch schätzen kann. 9 Darum bitte ich dich: Gib mir ein Herz, das auf dich hört, damit ich dein Volk richtig führen und zwischen Recht und Unrecht unterscheiden kann. Denn wie könnte ich sonst ein so riesiges Volk gerecht regieren?«
10 Es gefiel dem Herrn, dass Salomo gerade eine solche Bitte ausgesprochen hatte. 11 Darum antwortete Gott: »Ich freue mich, dass du dir nicht ein langes Leben gewünscht hast, auch nicht Reichtum oder den Tod deiner Feinde. Du hast mich um Weisheit gebeten, weil du ein guter Richter sein willst. 12 Du sollst bekommen, was du dir wünschst! Ja, ich will dich so weise und einsichtsvoll machen, wie es vor dir noch niemand war und auch nach dir niemand mehr sein wird. 13 Aber ich will dir auch das geben, worum du nicht gebeten hast: Reichtum und Macht. Solange du lebst, soll kein König so groß sein wie du. 14 Wenn du so lebst, wie es mir gefällt, wenn du mir gehorchst und meine Gebote befolgst wie dein Vater David, dann werde ich dir auch ein langes Leben schenken.«
15 Da erwachte Salomo und merkte, dass er geträumt hatte. Am nächsten Morgen ging er nach Jerusalem zurück. Dort trat er vor die Bundeslade des Herrn und brachte Brand- und Friedensopfer dar. Danach lud er seinen ganzen Hofstaat zu einem Festessen ein.
16 Eines Tages kamen zwei Prostituierte zum König. 17 »Mein Herr«, begann die eine, »wir beide wohnen zusammen im selben Haus. Vor einiger Zeit habe ich in diesem Haus ein Kind bekommen. 18 Nur zwei Tage nach mir bekam auch diese Frau ein Kind. In dieser Zeit waren wir ganz allein im Haus, niemand war bei uns. 19 Eines Nachts legte sie sich versehentlich im Schlaf auf ihren Jungen und erdrückte ihn. 20 Als sie es merkte, stand sie mitten in der Nacht auf und nahm mir meinen Sohn aus den Armen, während ich fest schlief. Mir legte sie den toten Jungen in die Arme und nahm mein Kind zu sich. 21 Als ich morgens aufwachte und meinen Sohn stillen wollte, merkte ich, dass er tot war. Sobald es hell wurde, sah ich ihn mir genauer an. Und was entdeckte ich? Es war gar nicht der Junge, den ich geboren hatte!« 22 »Nein«, unterbrach die andere Frau, »das stimmt nicht! Mein Sohn lebt, und deiner ist tot.« »Falsch«, schrie die erste sie an, »ich sage die Wahrheit: Dein Sohn ist tot, und meiner lebt!« So zankten sie vor dem König.
23 Da sagte Salomo: »Ihr streitet euch also darum, wem das lebende Kind gehört. Beide sagt ihr: ›Der Junge, der lebt, gehört mir, der tote ist deiner.‹« 24 Dann befahl er: »Bringt mir ein Schwert!« Als man die Waffe gebracht hatte, 25 gab Salomo den Befehl: »Teilt das lebendige Kind in zwei gleiche Teile und gebt dann jeder der beiden Frauen eine Hälfte!« 26 Als die wirkliche Mutter des Jungen das hörte, brach es ihr schier das Herz, und sie bat den König: »Bitte, Herr, tötet das Kind nicht, ich flehe Euch an! Lieber soll sie es bekommen!« Die andere aber sagte: »Doch, zerschneidet es nur, es soll weder mir noch dir gehören!« 27 Da befahl der König: »Tötet den Säugling nicht, sondern gebt ihn der Frau, die ihn um jeden Preis am Leben erhalten will, denn sie ist die Mutter!« 28 Bald wusste man in ganz Israel, wie weise König Salomo geurteilt hatte, und alle hatten große Ehrfurcht vor ihm. Denn sie merkten, dass Gott ihn ganz besonders mit Weisheit beschenkt hatte, um gerechte Urteile zu fällen.
Die auf dieser Webseite verwendeten Bibeltexte sind zitiert aus der Bibelübersetzung "Hoffnung für alle", © 2015 Biblica, Inc. Alle Rechte vorbehalten.
David wurde König über Israel und bewirkte viel Gutes. Er hatte aber auch eine Affäre mit Batseba und gab den Mord an deren Mann in Auftrag. Der Prophet Natan konfrontierte ihn mit diesem Verbrechen, worauf David seine Schuld bekannte und bereute (2. Samuel Kap. 11 und 12, Psalm 51). Von Batseba stammte Davids Thronfolger Salomo.

Kurze Zeit nach seinem Regierungsantritt war es Salomo ein Anliegen, Gott besonders zu ehren. In Jerusalem stand noch kein Tempel, die bedeutendste Opferstätte war Gibeon, wo das Begegnungszelt der Israeliten aus der Wüstenwanderung aufbewahrt wurde. Salomo liebte Gott und lebte entsprechend (3,3). Tausend Opfer liess er in Gibeon darbringen. In der Nacht darauf begegnete ihm Gott im Traum und fragte ihn nach seinem grössten Wunsch. Auch Jesus stellte später diese Frage „Was willst du, dass ich für dich tun soll?“ (Markus 10,51, Matthäus 20,32). Gott handelt also (z.T. erst) auf unsere Bitten hin, unser Gebet ist ihm wichtig. „Solange ihr nicht Gott bittet, werdet ihr nichts empfangen.“ (Jakobus 4,2)
Nun wäre zu erwarten gewesen, dass Salomo sich etwa langes gesundes und sorgenfreies Leben (Sieg über Feinde) oder Reichtum gewünscht hätte. Er dachte aber nicht als Erstes an sich, sondern daran, wie er fähig sein könnte, so zu regieren dass es dem Volk gut ginge. Er betrachtete sich ganz bescheiden als „unerfahrenen Jüngling“ und als ziemlich hilflos angesichts der neuen grossen Verantwortung. Es war ihm klar, dass das Regieren als König incl. Rechtsprechung viel Weisheit erforderte. Nun kam er auf die Idee, dass Weisheit nicht nur eine Folge von Schulbildung und Lebenserfahrung ist, sondern auch von Gott gegeben werden könnte. So heisst es schon in 2. Mose 36,1 von den Kunsthandwerkern, die das Begegnungszelt herstellten, Gott selber habe ihnen dazu Weisheit und Geschick gegeben. (Und zu neutestamentlicher Zeit schreibt Jakobus (1,5): „Wenn aber jemand von euch Weisheit mangelt, so bitte er Gott und sie wird ihm gegeben werden“ und Paulus (Kolosser 2,3) „In Christus sind alle Schätze der Weisheit und Erkenntnis verborgen“. Salomo bittet darum um „ein Herz, das auf dich hört“, d.h. Weisheit wird immer wieder gegeben durch Eingebung guter Ideen, wenn wir zu Gott hin offen sind und ihn darum bitten. Gott gefällt die Bitte Salomos, ja er freut sich darüber. Und er verheisst Salomo, dass er ihm darüber hinaus auch noch grossen Reichtum und Macht geben will. So wie Salomo geistlichen Segen vor leiblichen Segen stellte, sagt auch Jesus zu seinen Nachfolgern, sie sollten sich in erster Priorität für Gottes Reich und seinen Willen einsetzen, dann werde Gott sie mit allem andern versorgen (Matthäus 6,33). Auch Paulus betont: „Zu trainieren, wie man Gott liebt und ehrt, ist besser <als Fitnesstraining oder Geldstreben>, denn es bringt Gottes Segen für dieses und für das zukünftige Leben." (1 Tim 4,8).

„Du sollst bekommen, was du dir wünschst!“ sagt Gott (V. 12). Er „schenkte Salomo grosse Weisheit, einen scharfen Verstand und ein unvorstellbar breites Wissen. Ja, Salomo übertraf mit seiner Weisheit sowohl die Gelehrten aus dem Osten als auch die Ägypter.“ (5,9f) Er wurde dadurch international berühmt und viele Würdenträger suchten ihn auf, um ihn zu hören (5,14) - so auch die äthiopische Königin (Kap 10). Sie konnte sich vor Staunen kaum mehr einbekommen, als sie seine Antworten auf die rätselhaften Fragen vernahm, die sie mitgebracht hatte, und als sie das ausgezeichnete Management am Königshof und das erhebende geistliche Leben im Tempel erlebte. Salomo verfasste 3000 Sprichwörter, von denen ein Teil im biblischen Buch Sprüche überliefert ist, und dichtete 1005 Lieder (5,12), u.a. das biblische Hohelied der Liebe. Er hatte auch umfassende Kenntnisse auf vielen Gebieten der Naturkunde, in der Staats- und Behördenorganisation und auf psychologisch-sozialem Gebiet (siehe Sprüche). Später hob Anselm von Canterbury hervor, dass der Glaube die Wissenschaft befruchtet und hervorbringt: „credo ut intelligam“ (ich glaube, um zu erkennen), wie es ja in der jüdisch-christlich-abendländischen Kultur als Wiege der Wissenschaften ersichtlich ist.
Als Salomo von seinem Traum erwachte, nahm er voller Glauben und Freude an, dass Gott ihm wirklich begegnet war und dass er ihn beschenken würde. So richtete er auch nach seiner Rückkehr nach Jerusalem dort Opfer aus sowie ein Festmahl für den ganzen Hof. Der bald darauf eintretende Gerichtsfall mit dem Streit um einen Säugling bildete eine Gelegenheit zum Erweis von Salomos Weisheit. Das sprichwörtliche „Salomonische Urteil“ versetzte alle in Staunen und Respekt vor dem neuen König.
