
Jesus heilt einen Gelähmten
Markus 2,1-12
1 Nach einigen Tagen kehrte Jesus nach Kapernaum zurück. Es sprach sich schnell herum, dass er wieder zu Hause war. 2 Viele Menschen strömten zusammen, so dass nicht einmal mehr draußen vor der Tür Platz war. Ihnen allen verkündete Jesus Gottes Botschaft.
3 Da kamen vier Männer, die einen Gelähmten trugen. 4 Weil sie wegen der vielen Menschen nicht bis zu Jesus kommen konnten, deckten sie über ihm das Dach ab. Durch diese Öffnung ließen sie den Gelähmten auf seiner Trage hinunter.
5 Als Jesus ihren festen Glauben sah, sagte er zu dem Gelähmten: »Mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben!«
6 Aber einige der anwesenden Schriftgelehrten dachten: 7 »Was bildet der sich ein? Das ist Gotteslästerung! Nur Gott allein kann Sünden vergeben.« 8 Jesus erkannte sofort, was in ihnen vorging, und fragte: »Wie könnt ihr nur so etwas denken! 9 Ist es denn leichter, zu diesem Gelähmten zu sagen: ›Dir sind deine Sünden vergeben‹, oder ihn zu heilen? 10 Aber ich will euch beweisen, dass der Menschensohn die Vollmacht hat, hier auf der Erde Sünden zu vergeben.« Und er forderte den Gelähmten auf: 11 »Steh auf, nimm deine Trage und geh nach Hause!«
12 Da stand der Mann auf, nahm seine Trage und ging vor aller Augen hinaus. Die Leute waren fassungslos. Sie lobten Gott und riefen: »So etwas haben wir noch nie erlebt!«
Die auf dieser Webseite verwendeten Bibeltexte sind zitiert aus der Bibelübersetzung "Hoffnung für alle", © 2015 Biblica, Inc. Alle Rechte vorbehalten.

Nicht nur wegen der Wunder Jesu sondern auch wegen seiner Botschaft strömten die Menschen in Scharen zu ihm. Er verkündete ihnen, Gott und sein Reich kämen jetzt den Menschen nahe, darum solle sich jede/r Gott umfassend zuwenden: „Kehrt um zu Gott und glaubt an die rettende Botschaft“ (1,14-15). Jesus konnte ihnen Gottes väterliche Barmherzigkeit zusichern, weil er selber durch sein Kommen, Leiden, Sterben und Auferstehen die neue Grundlage dazu schuf.
Während Jesus lehrt, tragen vier Männer einen Gelähmten herbei. Weil sie vor lauter Menschen nicht ins Haus hinein kommen, steigen sie über die Aussertreppe auf dessen Flachdach, decken dieses ab und lassen ihren Freund vor Jesus nieder. Jesus erkennt hierin den Ausdruck ihres Glaubens. Sie lassen sich durch keine Widerstände davon abhalten, ihr „Anliegen“ vor ihn zu legen. Sie sind überzeugt, dass Jesus wegen seiner Barmherzigkeit und Menschenliebe nicht anders können wird als ihrem Freund zu helfen. Ähnlich dürfen auch wir unsere Anliegen bzw. uns selbst in die Gegenwart des Herrn bringen im Vertrauen, dass ihn das zum Handeln bringt.
„Mein Sohn“ (wörtlich „Kind“) sagt Jesus zärtlich zum Gelähmten.. und spricht überraschend das Thema Sünde an. Dabei würde die Situation doch ein Eingehen auf Krankheit und Not erfordern - wobei geistliche Aspekte eher irrelevant erschienen. Aber Jesus zeigt hier, dass sein Wirken - auch wenn es viele Krankenheilungen umfasst - nicht nur gesundheitliche Wiederherstellungen bezweckt, sondern prioritär auf die Gottesbeziehung der Menschen ausgerichtet ist. Wichtiger als Gesundsein ist, mit Gott versöhnt zu sein. Auf dem Hintergrund des Alten Testaments betrachtet, hängt beides auch zusammen. Man wusste: Entfremdung von Gott kann den Körper eines Menschen in Mitleidenschaft ziehen und umgekehrt kann erfahrene Vergebung sich auch in Heilung auswirken (z.B. Psalm 103,3).

„Deine Sünden sind dir vergeben“ ist göttliches Passiv (Im Judentum vermied man es aus Respekt, den Namen Gottes auszusprechen) und bedeutet „Gott vergibt dir“. Damit beansprucht Jesus, aus einer Verbundenheit mit Gott heraus zu wissen, was Gott tut, wenn nicht gar, Gott zu einem bestimmten Handeln bewegen zu können.
V. 6 heisst es wörtlich: „Es sassen da aber einige Schriftgelehrte..“. Sie waren am Wirkungsort Jesu zusammengekommen um zu prüfen, was der so unkonventionelle Rabbi Jesus alles lehrte. Man hatte für die Würdenträger estra Sessel aufgestellt. Die Schriftgelehrten verurteilen Jesus in ihren Herzen als Gotteslästerer. Jesus „sieht“ das. Auch an anderen Stellen wird berichtet: „Jesus kannte ihre Gedanken“ (Matthäus 12,25) oder: „Ihm brauchte niemand etwas über die Menschen zu sagen, denn er wusste, was in jedem Einzelnen vor sich geht“ (Johannes 2,15), wie es schon in Psalm 139,1f von Gott heisst: „Herr, du durchschaust mich, du kennst mich durch und durch. Ob ich sitze oder stehe – du weißt es, aus der Ferne erkennst du, was ich denke.“

Die Schriftgelehrten glaubten keine Sekunde, dass Jesus Vergebung wirksam zusprechen konnte. Sie stuften seine Worte als leichtfertig hingesagt ein, da sie ja scheinbar nicht nachprüfbar waren. Aber Jesus versichert ihnen, dass auch das „Schwerere“ in seiner Macht steht: den Gelähmten zu heilen. Und dass damit erwiesen werde, dass er selbst bevollmächtigt sei, Sünden zu vergeben, „auf Erden“ - als einer der vom Himmel kommt. Dem entsprechend bezeichnet sich Jesus hier wie auch sonst oft als „der Menschensohn“ und bezieht sich damit auf den in Daniel 7,13 Beschriebenen „der aussah wie eines Menschen Sohn“ und mit den Wolken des Himmels kommt, von Gott ewige Weltherrschaft empfängt und das jüngste Gericht hält. Auch in seinem Prozess sagt Jesus erneut, er sei dieser Menschensohn, der zur Rechten Gottes sitzen und aus dem Himmel wiederkommen werde (14,62). „Er hat < dem Sohn = mir > die Macht gegeben, die ganze Menschheit zu richten, weil er der Menschensohn ist.“ (Johannes 5,27).
Jesus brauchte nur ein Wort zu sagen und schon war der Mann geheilt. Alle sind vor Staunen ausser sich. Sie spüren Gottes Gegenwart und loben ihn und rufen: „Noch nie haben wir so etwas erlebt“. Es ist eine Zeit mit neuer Qualität eingetreten, die Ankunft der messianischen Tage, von der Jesaja prophezeiht: „Lahme gehen... Glück und Frieden halten Einzug, und die Freude hört niemals auf“(35,6+10).