Jesus befreit einen Besessenen

Jesus befreit einen Besessenen

January 15, 20256 min read

Markus 5,1-20

1 Als sie auf der anderen Seite des Sees das Gebiet der Gerasener erreichten 2 und Jesus eben aus dem Boot stieg, kam ihm ein Mann entgegen. Dieser Mensch wurde von einem bösen Geist beherrscht 3 und hauste in Grabhöhlen. Er war so wild, dass er nicht einmal mit Ketten gebändigt werden konnte. 4 Sooft man ihn auch an Händen und Füßen fesselte, jedes Mal zerbrach er die Ketten wieder und riss sich los. Niemand konnte ihn überwältigen. 5 Tag und Nacht hielt er sich in den Grabhöhlen auf oder irrte in den Bergen umher. Dabei schrie er und schlug mit Steinen auf sich ein.

6 Kaum hatte er Jesus von weitem gesehen, rannte er los, warf sich vor ihm nieder 7 und rief laut: »Was willst du von mir, Jesus, du Sohn Gottes, des Höchsten? Ich beschwöre dich bei Gott, quäle mich nicht!« 8 Jesus hatte nämlich dem Dämon befohlen: »Verlass diesen Menschen, du böser Geist!« 9 Da fragte ihn Jesus: »Wie heißt du?« Der Dämon antwortete: »Mein Name ist Legion; wir sind nämlich viele.« 10 Er flehte Jesus an: »Vertreibe uns nicht aus dieser Gegend!«

11 Nicht weit entfernt an einem Abhang weidete eine große Herde Schweine. 12 »Lass uns in diese Schweine fahren!«, baten die Dämonen. 13 Jesus erlaubte es ihnen. Jetzt verließen die bösen Geister den Mann und bemächtigten sich der Schweine. Die ganze Herde – ungefähr zweitausend Tiere – stürzte den Abhang hinunter in den See und ertrank.

14 Die Schweinehirten ergriffen die Flucht und erzählten in der Stadt und in den umliegenden Dörfern, was geschehen war. Von überall her kamen die Leute gelaufen, um sich selbst zu überzeugen. 15 Sie sahen den Mann, den die vielen Dämonen gequält hatten. Er war ordentlich angezogen und bei klarem Verstand. Ganz ruhig saß er neben Jesus – und das, obwohl so viele Dämonen ihn in ihrer Gewalt gehabt hatten! Da wurde ihnen unheimlich zumute. 16 Diejenigen aber, die alles mit angesehen hatten, erzählten, wie der Besessene geheilt wurde und was mit den Schweinen geschehen war. 17 Daraufhin baten die Leute Jesus, er möge ihre Gegend wieder verlassen.

18 Jesus wollte gerade in das Boot steigen, als ihn der Geheilte bat, bei ihm bleiben zu dürfen. 19 Aber Jesus erlaubte es ihm nicht. Er sagte: »Geh nach Hause zu deiner Familie und erzähle ihnen, welches große Wunder der Herr an dir getan hat und wie barmherzig er mit dir gewesen ist!« 20 Da ging der Mann weg und berichtete im ganzen Gebiet der Zehn Städte, was Jesus für ihn getan hatte. Und alle staunten.

Die auf dieser Webseite verwendeten Bibeltexte sind zitiert aus der Bibelübersetzung "Hoffnung für alle", © 2015 Biblica, Inc. Alle Rechte vorbehalten.



Zusammen mit anderen Berichten zeigt auch diese Geschichte, dass das befreiende Wirken von Jesus auch die Mächte und Gewalten des Bösen betrifft „die über diese gottlose Welt herrschen und im Unsichtbaren ihr unheilvolles Wesen treiben.“ (Epheser 6,12). Es handelt sich bei ihnen um gefallene Engel, die gegen Gott rebelliert haben und nun das Böse in der Welt verbreiten. Sie halten mit betrügerischen Lehren Menschen vom Glauben ab (1. Timotheus 4,1) und können u.U. auch von Menschen Besitz ergreifen und ihr Denken und Wollen bestimmen. Einige Ausleger meinen, dass besonders zu der Zeit, als Gott sich in Jesus inkarnierte, auch die bösen Mächte Menschen besetzt haben und Jesus damals so entgegen traten. In eher seltenen Fällen sind aus der christlichen Seelsorge bis heute Fälle bekannt von schädlichem Einfluss finsterer Mächte auf Menschen.

Besessener

Am Beispiel des besessenen Geraseners wird u.a. ersichtlich dass diese Mächte Menschen zu Bösem treiben: er war gewalttätig und überfiel Passanten (gemäss Parallelstelle in Matthäus 8), aber auch sich selber „schlug er“ und er versuchte sich zu zerstören, weil die Dämonen ihn quälten und zum Wahnsinn trieben. Er entfaltete fast übernatürliche Kräfte, durch die er sich immer wieder aus Haft befreien konnte. Weil man ihn in Gerasa ausgestossen und vertrieben hatte, hauste er ausserhalb in Grabhöhlen (die man noch heute besichtigen kann), was zu den unreinen Todesmächten passt.

Als er sich Jesus und den Jüngern (bedrohlich) näherte, gebot Jesus dem Bösen, ihn zu verlassen. Hellsichtig nennt er Jesus daraufhin „Sohn Gottes, des Höchsten“. Auch eine besessene Dienerin, von der Apostelgeschichte 16,16f berichtet, konnte wahrsagen und schrie: „Diese Menschen sind Knechte des höchsten Gottes, die euch den Weg des Heils verkündigen.“ 

Gerasener

Ausserdem warf sich der Besessene sofort ehrfurchtsvoll vor Jesus nieder, wobei die Dämonen ihn bitten, sie nicht zu quälen <bevor es Zeit ist> (Parallele bei Matthäus). Sie anerkennen fraglos die Herrschaft Jesu über sie und wissen, dass er am Ende der Zeit Gericht halten und sie vernichten wird (Lukas 4,34). Sie müssen Jesus ihr Wesen offenbaren - „Legion“, eine Vielzahl böser Geister - und bitten ihn, dass er sie nicht aus der Gegend weise und nicht in den Abgrund der Hölle zurückschicke (so die Parallele bei Lukas 8,31).

Schweine

Sie lieben es, sich körperlich manifestieren zu können, wenn nicht in einem Menschen, dann in Tieren wie den Schweinen nebenan. Jesus erlaubt ihnen das. Und wie schon im Besessenen zeigt sich das zerstörerische Wesen der Geister auch an den Schweinen: wie verrückt rasen sie den Abhang hinunter und ertränken sich im See.

Gegenüber Dämonisierten brauchte Jesus nie komplizierte Beschwörungsrituale. Er gebot den Geistern schlicht mit seinem Wort (Matthäus 8,16), geleitet von Gottes Geist: „Wenn ich aber die Dämonen durch den Geist Gottes austreibe, so ist das ein Zeichen dafür, dass Gottes Reich unter euch angebrochen ist.“ (Matthäus 12,28).

Die Veränderung beim vorher dämonisierten Mann ist frappant: Er ist nicht mehr nackt, sondern gekleidet, er rast nicht mehr umher, sondern sitzt (wie ein Jünger und Zuhörer) ruhig bei Jesus und er ist jetzt bei klarem Verstand. Die Hirten der Schweine hingegen wurden von Schrecken gepackt und meldeten alles in der Stadt. Den Einwohnern scheint ihr Besitz wichtiger zu sein als das heilende Wirken Jesu. Es ist ihnen auch unheimlich ob all den Vorgängen in der unsichtbaren Welt und mit diesem in Jesus hereinbrechenden Gottesreich. Lieber soll alles beim Alten bleiben. So bitten sie Jesus, fortzugehen und er kommt dem taktvoll nach. Auch heutige Menschen können Jesus aus ihrem Leben hinauswünschen und er drängt sich niemandem auf. Der Befreite hingegen möchte „bei Jesus sein“, d.h. sein Jünger werden. Jesus will sich aber primär an die Juden wenden und mit jüdischen Jüngern unter ihnen wirken. Auf diesem ausserjüdischen Terrain soll der Mann einfach zusätzlich Gottes Barmherzigkeit bezeugen.

Heilung Besessener

Das Ereignis bezeugt eindrücklich Jesu Sieg und Herrschaft über die bösen Mächte. „Der Sohn Gottes ist in die Welt gekommen, um die Werke des Teufels zu zerstören“ heisst es in 1. Johannes 3,8. Der 1. Petrusbrief 3,22 fasst zusammen: „Er ist zum Himmel zurückgekehrt und hat den Ehrenplatz an Gottes rechter Seite eingenommen. Alle Engel, alle Mächte und Gewalten unterstehen seiner Herrschaft.“ Seinen Aposteln und Jüngern hat Jesus dieselbe Vollmacht über die bösen Geister übertragen (Matthäus 10,1; Markus 16,17).

befreit

Obschon die Mächte des Bösen Menschen zu Bösem verführen oder in Extremfällen sogar ihr Inneres weitgehend bestimmen können, wäre es falsch, alles Böse auf sie zurückzuführen. Das „menschliche Herz“ ist dazu schon ganz von sich aus im Stande: „Denn aus dem Herzen kommen böse Gedanken wie Mord, Ehebruch, sexuelle Unmoral, Diebstahl, Lüge und Verleumdung“ sagte Jesus in Matthäus 15,19 und schon in 1. Mose 8,21 heisst es: „Das Dichten und Trachten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend auf“. Zum Glück sind wir auch fähig zu guten Taten, erst recht, wenn Jesus unser Leben bestimmt.

Ordinierter evangelisch-reformierter Pfarrer.

Martin Müller

Ordinierter evangelisch-reformierter Pfarrer.

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