
Die Hochzeit in Kana
Johannes 2,1-11
1 Zwei Tage später wurde in dem Dorf Kana in Galiläa eine Hochzeit gefeiert. Die Mutter von Jesus war dort, 2 und auch Jesus hatte man mit seinen Jüngern eingeladen.
3 Als während des Festes der Wein ausging, sagte seine Mutter zu ihm: »Es ist kein Wein mehr da!« 4 Doch Jesus antwortete ihr: »Es ist nicht deine Sache, mir zu sagen, was ich tun soll! Meine Zeit ist noch nicht gekommen!« 5 Da sagte seine Mutter zu den Dienern: »Was immer er euch befiehlt, das tut!« 6 Nun gab es im Haus sechs steinerne Wasserkrüge. Man benutzte sie für die Waschungen, die das jüdische Gesetz verlangt. Jeder von ihnen fasste 80 bis 120 Liter. 7 Jesus forderte die Diener auf: »Füllt diese Krüge mit Wasser!« Sie füllten die Gefäße bis zum Rand. 8 Dann ordnete er an: »Nun bringt dem Mann, der für das Festmahl verantwortlich ist, eine Kostprobe davon!« Die Diener befolgten seine Anweisungen. 9 Der Mann probierte das Wasser: Es war zu Wein geworden! Er wusste allerdings nicht, woher der Wein kam. Nur die Diener wussten Bescheid. Da rief er den Bräutigam zu sich 10 und hielt ihm vor: »Jeder bietet doch zuerst den besten Wein an! Und erst später, wenn die Gäste schon betrunken sind, kommt der billigere Wein auf den Tisch. Aber du hast den besten Wein bis jetzt zurückgehalten!«
11 So vollbrachte Jesus in dem Dorf Kana in Galiläa sein erstes Wunder. Er offenbarte damit zum ersten Mal seine göttliche Herrlichkeit, und seine Jünger glaubten an ihn.
Die auf dieser Webseite verwendeten Bibeltexte sind zitiert aus der Bibelübersetzung "Hoffnung für alle", © 2015 Biblica, Inc. Alle Rechte vorbehalten.

Zu Beginn des eigentlichen Wirkens von Jesus führt dieses „Ouvertüre-Ereignis“ eine Grundmelodie ein, die - wie auch die Taufe Jesu - alles Folgende in einen positiven Rahmen stellt: Beim von Jesus gebrachten Evangelium geht es um eine „gute (frohmachende) Nachricht“ (so die Übersetzung des griechischen Wortes).
In allen Evangelien wird immer wieder von verschiedenen Wundern berichtet, die Jesus wirkte. Hier ist es ein sog. Naturwunder, an dem Jesu Macht über seine Schöpfung sichtbar wird. Allerdings bestreiten liberale Bibelausleger, dass die Wunder wirklich so geschehen sind, weil sie sich nicht vorstellen können, dass Dinge passieren, die es nicht früher auch schon gab und die nicht innerhalb der klassischen Naturgesetze sind. Die Evangelisten berichten aber nicht im „Es war einmal“-Stil von besonderen Ereignissen, sondern mit dem Anspruch wirklichkeitsgetreuer Geschichtsschreibung (man lese dazu Lukas 1, 1-4) mit konkreten Zeit- und Ortsangaben (V. 1) und Verweis auf - z.T. auch aussenstehende - Augen- und hier Degustations-Zeugen. Johannes schreibt explizit, er „probierte das Wasser, das Wein geworden war“ (V. 9, wörtl. Übersetzung). Und in V. 11 bezeichnet er das Ganze als „erstes Wunder“ Jesu.
Eine Besonderheit bei Johannes ist, dass er für Wunder wie auch hier das grch. Wort „semeion“ verwendet. Das heisst „Zeichen“. Damit geht Johannes über die blosse Beschreibung eines Wunders hinaus und deutet auf eine tiefere theologische Bedeutung der Ereignisse hin: Hier ist Gott am wirken. Sie sind Zeichen und Hinweise auf die Identität und Mission Jesu als Sohn Gottes und Messias. Sie sollen den Glauben an Jesus wecken und vertiefen. So auch V.11 „Er offenbarte damit zum ersten Mal seine göttliche Herrlichkeit, und seine Jünger glaubten an ihn.“ Entsprechend schreibt Johannes zu Beginn seines Evangeliums: „Wir selbst haben seine göttliche Herrlichkeit gesehen, eine Herrlichkeit, wie sie Gott nur seinem einzigen Sohn gibt.“ (1,14) und an dessen Schluss zusammenfassend: „Die hier aufgezeichneten Berichte wurden geschrieben, damit ihr glaubt, dass Jesus der Christus ist, der versprochene Retter und Sohn Gottes. Wenn ihr an ihn glaubt, habt ihr durch ihn das ewige Leben.“ (20,31)
Als erstes „Zeichen“ hat das Wunder programmatischen Charakter. Jesus hat transformierende Kraft, es geschieht eine Umwandlung zum Besseren. Aus einem Reinigungsmittel wird ein Genussmittel. Vielleicht spielt Jesus damit an auf die jüdische Ordnung der Gesetzesbeachtung (mit Reinheitsvorschriften) und weist im Kontrast dazu hin auf die neue Ordnung, die er bringt: Christen gelangen in den Genuss der durch Jesus geschenkten Gnade Gottes. In seinen Gleichnissen braucht Jesus für das Reich Gottes u.a. das Bild vom Hochzeitsfest und seine Jünger sind Festgäste: Eine fröhliche Grundstimmung prägt die neue Glaubensweise. Auch das von Jesus mit Wein gestiftete Abendmahl hat festlichen Charakter.
Ausser dass die Bibel auch vor übermässigem Weingenuss warnt, ist Wein ein prominentes Symbol für Freude (z.B. Psalm 104,15) und Wohlstand (Fülle). Als „Spirituose“ hat er auch eine spirituelle Bedeutung und steht für die durch den Heiligen Geist vermittelte Freude, Begeisterung und Inspiration (an Pfingsten kommentierten Passanten: „Sie sind voll süssen Weines“, Apg 2,13). Ferner war Wein ein Heilmittel (Lukas 10,34, 1. Timotheus 5,23): Jesus spendet heilsamen Wein ebenso wie er daraufhin viele Heilungen bewirkt.
Wein war im Judentum ferner ein Symbol für Freude und messianische Erlösung. Das Wunder in Kana deutet darauf hin, dass Jesus der Messias ist, der die messianische Zeit der Freude und des Heils einleitet. Während der Weinmangel an der Hochzeit den Mangel an Freude und Leben in der Welt ohne Jesus symbolisiert, zeigt die Weinfülle von gut 6 Hektolitern, dass Jesus gekommen ist, um Freude und Leben in die Welt zu bringen. Das widerspricht der Auffassung, christlicher Glaube sei eine lebensvermiesende Verbotssammlung. Die Weinmenge war auch ein Hochzeitsgeschenk Jesu für die offensichtlich ärmeren Leute, sie hatten noch manchen Krug übrig zum Verkauf. Und Johannes schreibt in 1,16 „Aus seinem göttlichen Reichtum hat Gott uns immer wieder mit seiner grenzenlosen Liebe beschenkt.“ Gott sorgt nicht knausrig sondern grosszügig für die Seinen. Dazu gehört auch die Qualität des entstandenen Weins: Der Fest-Koordinator ist verblüfft: Nach dem mittelmässigen Tropfen zu Beginn nun ein solches Bouquet! Wein ist ja schon an sich etwas Erfreuendes, bei Jesus wird das noch getopt mit „grand cru“.
Vor dem Wunder hält Jesus noch inne und sagt auf Marias Herausforderung hin: „Meine Zeit ist noch nicht gekommen“. Möglicherweise will er ihr damit zu bedenken geben, dass es nicht an ihr ist, sein Wirken zu initiieren. Er weiss, dass Gott seinen Plan mit ihm hat und er will sich von Gott führen lassen.
