Das Gleichnis vom Sämann

Das Gleichnis vom Sämann

January 20, 20256 min read

oder das Gleichnis vom vierfachen Ackerfeld

Markus 4,3-20

<Jesus sagte>3 »Ein Bauer ging aufs Feld, um Getreide zu säen. 4 Als er die Körner ausstreute, fielen ein paar von ihnen auf den Weg. Sofort kamen die Vögel und pickten sie auf. 5 Andere Körner fielen auf felsigen Boden, wo nur wenig Erde war. In der dünnen Erdschicht ging die Saat zwar schnell auf, 6 als dann aber die Sonne am Himmel hochstieg, vertrockneten die Pflänzchen. Sie hatten keine starken Wurzeln und verdorrten deshalb in der Hitze. 7 Wieder andere Körner fielen ins Dornengestrüpp, doch dieses hatte die junge Saat bald überwuchert, so dass sie schließlich erstickte. Es konnte kein Getreide wachsen. 8 Die übrigen Körner aber fielen auf fruchtbaren Boden, gingen auf, wuchsen heran und brachten das Dreißigfache, das Sechzigfache, ja sogar das Hundertfache der Aussaat als Ertrag.« 9 Und Jesus fügte hinzu: »Wer Ohren hat, der soll auf meine Worte hören!«

10 Später, als Jesus mit seinen zwölf Jüngern und den anderen Begleitern allein war, fragten sie ihn: »Warum verwendest du Gleichnisse?« 11 Er antwortete: »Euch lässt Gott das Geheimnis seines Reiches verstehen. Die anderen aber, die nicht zu mir gehören, erfahren das alles nur durch Gleichnisse. 12 Denn ›sie sollen sehen, aber doch nichts erkennen; sie sollen hören, aber doch nichts verstehen. Sonst würden sie zu Gott umkehren, und ihre Sünde würde ihnen vergeben.‹« 13 Dann sagte er zu seinen Jüngern: »Ihr versteht schon dieses Gleichnis nicht? Wie wollt ihr dann all die anderen begreifen? 14 Was der Bauer im Gleichnis aussät, ist die Botschaft Gottes. 15 Die Menschen, bei denen die Saatkörner auf den Weg fallen, haben die Botschaft zwar gehört. Aber dann kommt der Satan und nimmt alles wieder weg, was in ihr Herz gesät war. 16 Andere Menschen wiederum sind wie der felsige Boden, auf den die Körner fallen: Sie hören die Botschaft und nehmen sie sofort mit Begeisterung an. 17 Aber ihr Glaube hat keine starken Wurzeln und deshalb keinen Bestand. Wenn solche Menschen wegen ihres Glaubens in Schwierigkeiten geraten oder gar verfolgt werden, wenden sie sich gleich wieder davon ab.

18 Noch andere Menschen gleichen dem von Dornengestrüpp überwucherten Boden: Sie hören die Botschaft zwar, 19 doch dann kommen die Sorgen des Alltags, die Verlockungen des Reichtums und die Gier nach all den Dingen dieses Lebens und ersticken Gottes Botschaft, so dass keine Frucht daraus entstehen kann. 20 Aber dann gibt es auch Menschen, die wie der fruchtbare Boden sind, auf den die Saatkörner fallen: Sie hören Gottes Botschaft, nehmen sie an und bringen Frucht, dreißig-, sechzig- oder hundertfach.«

Die auf dieser Webseite verwendeten Bibeltexte sind zitiert aus der Bibelübersetzung "Hoffnung für alle", © 2015 Biblica, Inc. Alle Rechte vorbehalten.



van Gogh Sämann

In diesem Gleichnis samt Auslegung setzt Jesus seine Botschaft dem Saatgut gleich. Wo auch immer dieses hinfällt, trägt es dieselbe Kraft des Lebens in sich. Aber der Boden - die Herzen der Menschen - ist verschieden. Jesus mahnt „Es ist entscheidend, dass ihr gut zuhört“ (V. 9) - mit unserer Aufnahmebereitschaft und unserem weiteren Umgang mit dem Gehörten haben wir die Verantwortung dafür „zu Gott umzukehren, so dass unsere Sünden vergeben werden“ (V. 12) und gute Frucht des Glaubens zu bringen. Jesus zeigt 4 Möglichkeiten auf:

1) harter Weg

In Palästina wurde erst nach dem Säen gepflügt. Vorher gab es auf dem Acker Trampelpfade. Diesen gleichen Menschen, die der Botschaft von Jesus keine Bemühung entgegenbringen, sie zu verstehen (Matthäus 13,19). Sie lassen sich nicht darauf ein, lassen sich nicht berühren, halten alles für irrelevant und so perlt es an ihnen ab. Was hat sie so festgetrampelt gemacht? Wiederholtes Ausschlagen von Gottes Liebesangebot kann verhärten. Oder auch Vorurteile, irrige ersatzreligiöse oder philosophische Ansichten oder einfach lange eingeübte Gottlosigkeit führen zu solcher Gleichgültigkeit. Beim Sündenfall sahen wir, dass die böse Macht bestrebt war, die Menschen aus der liebenden Beziehung mit Gott herauszulösen; hier will sie verhindern, dass sie überhaupt dazu finden und entfernt die ignorierte Botschaft umgehend aus ihrem Leben.

Sämann

2) felsiger Untergrung

Andere Menschen haben die Botschaft Jesu als etwas Erfreuliches aufgenommen. Wenn sie dann aber auch zu unangenehmen Konsequenzen führt, und „nichts mehr bringt“, geben sie sie gleich wieder auf. Die Botschaft führte sie nicht zur Einsicht, dass sie zu einer tiefergehenden Umgestaltung und Erneuerung ihres Lebens führen will. Das wäre störend und mühsam. Oder sich zu Jesus zu bekennen und sich für das Evangelium einzusetzen (Römer 1,16 und Matthäus 10,32 fordern dazu heraus, sich für Jesus nicht zu schämen) könnte die politische Korrektheit verletzen und das soziale Ansehen schmälern. Wenn dann noch weitere Herausforderungen, Strapazen oder öffentliche Ablehnung und Diskriminierung folgen, verwerfen solche Menschen den Glauben.

Dornen

3) erstickende Dornen

Trotz des Einpflügens der Samen blieben da und dort Wurzeln von Dornengestrüpp im Boden, das dann mit der Saat aufwuchs und sie überwucherte. Dies entspricht Menschen, die zwar im Glauben leben (die Saat stirbt nicht), jedoch wegen konkurrenzierender Einflüsse darin fruchtlos bleiben. Als solche nennt das Gleichnis Sorgen aller Art, die mit den damit verbundenen Bewältigungsmassnahmen einen so grossen Raum einnehmen, dass keiner mehr bleibt zur Pflege der Beziehung mit Gott. Ausserdem wird Reichtum angeführt, der mit seinen Verlockungen die Menschen betrügt (so im Griechischen), indem sie von ihm Erfüllung und Sicherheit erwarten, die er gar nicht geben kann. Auch die „Gier nach all den Dingen dieses Lebens“ erstickt Gottes Botschaft und marginalisiert sie. Wie vielbeschäftigt können wir doch sein beim Konsum von Unterhaltung und Information, von Genüssen und Lustbefriedigung oder auch beim Erstreben und Ausüben von Macht und Einfluss. 1. Timotheus 6,9f mahnt: „Wie oft erliegen Menschen, die unbedingt reich werden wollen, den Versuchungen des Teufels, wie oft verfangen sie sich in seinen Netzen! Solche unsinnigen und schädlichen Wünsche stürzen die Menschen in den Untergang und ins Verderben. Denn alles Böse erwächst aus der Habgier.“ In einem anderen Gleichnis spricht Jesus von zu Gottes Fest Geladenen, die fernblieben, weil ihnen Immobilien, Fortbewegungsmittel oder PartnerInnen wichtiger waren (Lukas 14,16-24). Es geht also um Wertsetzungen. Ist Materielles, Karriere, Soziales, Freizeitaktivitäten, Genuss etc. wichtiger als die Freundschaft mit Gott? Jesus ruft auf: „Setzt euch zuerst für Gottes Reich ein und dafür, dass sein Wille geschieht. Dann wird er euch mit allem anderen versorgen“. (Matthäus 6,33) Gott will Priorität haben und in der Mitte unseres Lebens sein. „Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon“ („gleichzeitig für Gott und das Geld leben“) (Matthäus 6,34).

Frucht

4) guter Boden

Das will uns das Gleichnis nahelegen: „Sie hören Gottes Botschaft und nehmen sie mit aufrichtigem und bereitwilligem Herzen an. Sie halten treu daran fest, lassen sich durch nichts beirren und bringen schliesslich reiche Frucht.“ (Lukasparallele 8,15). Frucht meint gelebte Liebe zu Gott und den Menschen, Engagement für Gerechtigkeit und Wahrheit. Was macht unseren Herzensboden dafür urbar? Sicher „Lasst die Botschaft von Christus reichlich unter euch wohnen“ (Kolosser 3,16) durch die Bibel, den Gottesdienst und das Beisammensein mit Mitgläubigen. Ferner das Bestreben, das Gehörte in der eigenen Charakterentwicklung und durch praktische Anwendung im Leben umzusetzen. Und natürlich die tägliche Begegnung mit Gott im Gebet.

Ordinierter evangelisch-reformierter Pfarrer.

Martin Müller

Ordinierter evangelisch-reformierter Pfarrer.

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