Angenommensein bei Gott als Geschenk

Angenommensein bei Gott als Geschenk

March 27, 20255 min read

Als ein Freund von mir das biblische Highlight "Die Zehn Gebote" gelesen hatte, schrieb er mir erschrocken: "Der Bibeltext 2. Mose 20 verursacht Angst. Die möglichen Strafen sind vernichtend. Auch der heilige 7. Tag, der im Judentum streng befolgt wird, ist absolut. Also bin ich ein Sünder wenn ich am Sonntag meinen Garten jäte oder Wäsche aufhänge." Ich schrieb ihm dann eine Antwort zum Thema "Gesetz (hier Bezeichnung für die alttestamentlichen Gebote) und Gnade":

Gebote

Bei Christen haben die Gebote einen anderen Stellenwert als bei den Juden. Während dort das Einhalten der Gebote die vermeintliche Grundlage fürs Angenommensein bei Gott ist, verkündete Jesus: "Bis Johannes der Täufer kam, waren das Gesetz von Mose und die Lehren der Propheten die Maßstäbe für alles Handeln. Nach Johannes aber wird die rettende Botschaft von Gottes Reich verkündet." (Lukas 16,16) Der Verkündiger dieser neuen Botschaft ist Jesus selber: Es ist nicht eine Botschaft des Verdienens, sondern des Beschenktwerdens, das Evangelium der Gnade.

Rabbi

Das zeichnet sich schon im Alten Testament ab: "Abram nahm Gottes Versprechen ernst. Er setzte sein ganzes Vertrauen auf den Herrn, und so fand er Gottes Anerkennung. (1 Mose 15,6) Schon bei Abraham beruht das Angenommensein bei Gott also nicht auf dem Einhalten von Geboten, sondern auf seinem Glauben, dass Gott für ihn ist. Darum schreibt der Jesusjünger Johannes: "Durch Mose gab uns Gott das Gesetz mit seinen Forderungen, aber nun ist uns durch Jesus Christus seine Gnade und Wahrheit begegnet." (Johannes 1,17). Als die Pharisäer sich auf mosaische Gebote stützten und Todesstrafe forderten - "Mose hat uns im Gesetz geboten, solche Frauen zu steinigen. Was sagst du dazu?" (Johannes 8,5) - setzte Jesus das nicht durch, sondern liess die Frau frei (V.11).

In Apostelgeschichte 13,38f predigt Paulus: "Es ist Jesus, durch den ihr Vergebung der Sünden erlangt. Jeder, der an ihn glaubt, wird frei von aller Schuld. Das Gesetz von Mose konnte uns Menschen nicht bei Gott annehmbar machen".

Aus christlicher Sicht haben die Gebote im jüdischen Gesetz die Aufgabe, uns merken zu lassen, was Gott nicht gefällt (Römer 3,20). Durch die Gebote werden auch Werte gesetzt, denen wir nacheifern sollen: Gott ehren und sich auf ihn besinnen, das Eigentum anderer respektieren, Wahrhaftigkeit, Treue, Schutz des Lebens, Fürsorge für Alte, statt Gier Zufriedenheit und Gebenkönnen. Das sind aber keine Bedingungen für das Angenommensein bei Gott, sondern Folgen. Wer durch Jesus die Freundschaft mit Gott geschenkt erhielt, erhält auch Gottes Geist und damit die Kraft, obigen Werten nachzuleben. Paulus schreibt in Römer 8,4: "So kann sich in unserem Leben der Wille Gottes erfüllen, wie es das Gesetz schon immer verlangt hat; denn jetzt bestimmt Gottes Geist und nicht mehr die sündige menschliche Natur unser Leben." Und er fasst zusammen: "Ich möchte um jeden Preis mit Christus verbunden sein. Deshalb versuche ich jetzt nicht mehr, durch meine eigene Leistung und durch das genaue Befolgen des Gesetzes vor Gott zu bestehen. Was zählt, ist, dass ich durch den Glauben an Christus bei Gott angenommen werde. Darauf will ich vertrauen." (Philipper 3,9).

Schweinefleisch

Das alles bildet die Grundlage für die sog. christliche Freiheit. Paulus schreibt in Kolosser 2,16f: "Darum lasst euch keine Vorschriften machen über Ess- und Trinkgewohnheiten oder bestimmte Feiertage,.. und über das, was man am Sabbat tun darf oder nicht. Das alles sind nur schwache Abbilder, ein Schatten von dem, was in Christus Wirklichkeit geworden ist." Im Gegensatz zu den Juden müssen Christen also keine Speisegebote einhalten, dürfen z.B. Schweinefleisch oder Blutwurst essen. "Denn was ihr esst, geht nicht in euer Herz hinein; es kommt in den Magen und wird dann wieder ausgeschieden." "Damit erklärte Jesus alle Speisen für rein." heisst es in Markus 7,19. Es gibt auch keine strikte biblische Anweisung, die besagt, dass Christen am Sonntag nicht arbeiten dürfen. Jesus selbst hat gezeigt, dass der Sabbat für den Menschen gemacht ist und nicht der Mensch für den Sabbat (Markus 2,27).

Auch wenn es keine Bedingung ist, um bei Gott angenommen zu sein, ist es aber doch wertvoll, einen Tag der Ruhe und der Besinnung zu haben, um sich auf Gott zu konzentrieren und sich zu erholen. Doch wie dieser Tag gestaltet wird, kann individuell unterschiedlich sein. Manche Christen entscheiden sich, am Sonntag nicht zu arbeiten, um diesen Tag Gott zu widmen, während andere aufgrund von beruflichen oder persönlichen Umständen arbeiten müssen. Letztlich geht es darum, eine Balance zu finden und Gott in den Mittelpunkt des Lebens zu stellen - auch an Werktagen.

Herz

Jesus sagte zwar, dass das jüdische Gesetz seinen Wert behält (im oben dargelegten Sinn), als wichtigste Gebote nannte er aber die Liebe: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Denken. Das ist das größte und erste Gebot. Das zweite aber ist ihm gleich: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“ (Matthäus 22,37-39). Darum konnte Paulus sagen: "Die Liebe ist des Gesetzes Erfüllung" (Römer 13,10b). Christen leben also nicht in ersten Linie den verschiedenen alttestamentlichen Geboten nach (= "das Gesetz"), sondern setzen die Liebe um, die Jesus ihnen gebracht hat und zu der er sie befähigt.


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Ordinierter evangelisch-reformierter Pfarrer.

Martin Müller

Ordinierter evangelisch-reformierter Pfarrer.

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